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Digitalisierung und Netzpolitik

Digitalisierung- vielleicht das Unwort unserer Zeit. Mit dem Begriff wird gleichzeitig das größte Potenzial zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft und absolutes Unheil in Bezug auf die damit einhergehenden Veränderungen empfunden. Uns war immer klar, dass eine jungsozialistische Antwort darauf nur sein kann, dass Technologien dahingehend reguliert und beeinflusst werden müssen, dass sie einen gesellschaftlichen Mehrwert haben. Wir wissen die Macht großer Digitalkonzerne als um ein Vielfaches zu groß zu benennen. Es gilt Digitalisierung so zu gestalten, dass sie für die Menschen sinnvoll und nützlich ist.

Daten sind Kapital.

Daten über Menschen, Maschinen und Prozesse bestimmen zunehmend unsere Entscheidungen; deswegen stellen sie in unserem gegenwärtigen System Kapital dar. Diese Tatsachen stellen nicht nur den Kapitalismus und seine Spielregeln gehörig auf den Kopf, sondern fordern die Mündigkeit innerhalb der Demokratie heraus. Wie frei ist eine Entscheidung oder der Prozess dorthin, wenn die allgemeine Meinung vorherrscht, dass das Internet nur durch ein nicht quelloffene kostspielige Software zu bedienen ist? Wie sehr können wir vertrauen, wenn Digitalkonzerne uns weiß machen, dass die Entscheidungen einer künstlichen Intelligenz frei, objektiv und diskriminierungsfrei sind? Für uns ist klar, dass die sozialistische Antwort auf diese Problematik nur das konsequente Einfordern von Open-Source-Lösungen sein kann. Denn nur Open-Source stellt sicher, dass es allgemeine Standards für Software gibt, die nicht durch einzelne Konzerne bestimmt und vorgegeben werden. Wir fordern die Finanzierung und Verwendung von Open-Source-Lösungen durch institutionelle Ebenen wie den Staat oder der EU.

Das Internet ist das größte im Kern anarchistische Projekt der Welt. Wir betrachten es als unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass das so bleibt, damit alle daran partizipieren können und nicht wenige damit Kapital generieren. In unserem Unterbezirk sind seit jeher einige Jusos mit Digitalaffinität zu finden, einige von uns beschäftigen sich beruflich oder im Studium mit digitalen Themen. Das und unsere konsequent sozialistische Analysen in Bezug auf das Digitale bringt uns dazu, immer wieder entscheidende Beiträge zu digitalen Themen im Verband zu liefern.

Plattformkapitalismus

Der digitale Markt wird von wenigen Techgiganten beherrscht. Ihre Plattformen profitieren dabei stark vom puren Kapitalismus, sodass sich Alternativen nicht etablieren können. Die Nutzung der Plattformen geht ausnahmslos mit der Verwendung von proprietärer, und damit sozialistisch fragwürdiger, Software einher. Gesellschaftliche Teilhabe darf nicht an die Nutzung bestimmter Plattformen gebunden sein. Als Vorzeigebeispiel dient hierbei die AusweisApp2, die auf allen gängigen, und insbesondere den OpenSource-Plattformen, verfügbar ist. Wohingegen die 200 Millionen Euro schwere CoronaWarnApp erst durch einen lobenswerten Alleingang des OpenSource-Aktivisten und Sofwareentwicklers Marvin Wißfeld von Google unabhängig und damit vielen Bürger*innen zugänglich gemacht wurde. Wir haben Marvin zu dem Thema interviewt. Wir möchten gegen die Oligopole der proprietären Techgiganten vorgehen und eine gesellschaftliche Teilhabe ohne Zwang zur Bindung an bestimmte Konzerne ermöglichen.

Das rote Team.

Das Rote Team ist eine bundesweite Gruppe von Jusos, die die roten Tools, eine umfassende open-source Infrastruktur für Juso- und Parteiarbeit, entwickeln und programmieren. Der Gedanke hinter dem roten Team ist simpel: Alle Jusos brauchen Kollaborations- und Telekommunikationswerkzeuge, aber nicht alle Verbände haben die finanziellen Mittel diese einzukaufen oder die IT-Affinität sie selber zu hosten. Das rote Team ist daher ein Zusammenschluss IT-affiner Jusos, die die Infrastruktur entwickeln und für alle zu einem geringen kostendeckenden Betrag bereitstellen.
Im Roten Team sind unter anderen Joachim und Marléne Mitglied.

Die Weiterentwicklung der roten Tools findet auf Hackathons in verschiedenen Landesteilen statt, und natürlich immer wieder im Alltag. Unter anderem gibt es einen Chat-Dienst, für den wir auf das dezentrale und föderierte Matrix-Protokoll setzen. Dadurch ist es möglich, dass die Daten auf unseren Servern liegen und alle Personen ohne den Einsatz von pro­p­ri­e­tärer Software miteinander telekommunizieren können. Durch die föderierte Natur von Matrix ist außerdem die Interoperabilität mit anderen Chat-Servern sichergestellt. Einer der weiteren Dienste ist die weit verbreitete Nextcloud-Plattform, mit all ihren Kollaborationstools.

Überwachung überwinden!

Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Versuche, die Überwachung der Bevölkerung auszubauen und in die private Kommunikation einzudringen. Politiker*innen, die diese Art von Eingriffen fordern, berufen sich dabei auf Terrorismus, Kriminalität oder den Schutz von Kindern. Diese Themen sind wichtig, jedoch sind Mittel wie anlasslose Massenüberwachung, Zugänge für Sicherheitsbehörden oder Verbote von Verschlüsselung die falschen Mittel und darüber hinaus unwirksam:

  1. Durch mehr Überwachung nimmt unsere Demokratie einen großen Schaden. Die heutige BRD unterscheidet sich von den autoritären Regimen deutscher und europäischer Geschichte, dadurch, dass alle Bürger*innen und insbesondere auch Journalist*innen anonym und verschlüsselt miteinander kommunizieren können, ohne dabei von Sicherheitsbehörden kontrolliert zu werden. Das ist ein hohes Gut und essentiell für die Meinungsfreiheit.
  2. Überwachung ist nicht effektiv, um gegen Kriminalität vorzugehen. Genauso wie physikalische Gesetze, sind mathematische Gesetze und informationstechnische Möglichkeiten völlig unbeeindruckt davon, wenn versucht wird, sie durch juristische Mittel außer Kraft zu setzen. Daher können Kriminelle die Überwachung leicht umgehen, indem sie Inhalte weiterhin (illegal) verschlüsseln. Statt die angeführten Ziele zu erreichen, wird lediglich eine erhebliche Belastung der IT, staatlicher Sicherheitsbehörden und aller Bürger*innen erreicht.
  3. Der „anlasslose“ Aufbau von Massenüberwachung, nach „Vorbild“ der flächendeckenden Videokameraüberwachung Londons lehnen wir prinzipiell ab. Auch in der Öffentlichkeit haben die Menschen ein Recht auf Privatsphäre. Eine Einrichtung von Videoüberwachung außerhalb von Sicherheitsbereichen sehen wir stets als temporär und regelmäßig zu überprüfen an.

Wir Jusos Dortmund setzen uns, im Hinblick auf die zuvor genannten Schäden für unsere Gesellschaft und Demokratie, dafür ein, weitere repressive Maßnahmen zu verhindern und bestehende zurückzudrängen.